Große Ave-Maria-Auswahl stimmte auf Allerheiligen ein (Schwäbische Zeitung)
03.11.2010
Es ist ein Wagnis gewesen, fast 20 Vertonungen des Ave Maria zwischen Renaissance und Gegenwart in einem Konzert darzubieten, aber es ist aufs Schönste geglückt. Das überaus zahlreiche Publikum war begeistert vom Liederkranz, seinem Dirigenten und den Solisten.
Ein besonderes Lob gebührt Chorleiter Walter Gropper, der diese zahlreichen, zumeist unbekannten Ave-Maria-Vertonungen herausgesucht, gewissenhaft mit seinem Gesangverein einstudiert und so geschickt mit Instrumental- und Solo-Werken gemischt hat, dass dieses am Vorabend von Allerheiligen so passende Konzert keinen Moment langweilig wurde. Im Gegenteil, die Spannung blieb bis zum letzten Ton erhalten.
Die ersten beiden Chorwerke stammten aus dem 16. Jahrhundert: Von dem Flamen Jacob Arcadelt ein weich und voll tönender klösterlicher Gesang, vom Slowenen Jacobus Gallus sehr feierlich achtstimmig mit feinem Echo-Chor aus dem Hintergrund – einige Tritonus-Choristen.
Als prächtiger Opernchor erwies sich das Ave Maria von Gaetano Donizetti mit schönem Vorspiel, das von Michael Reich, Klarinette, und Ulrich Werther, Klavier, gestaltet wurde.
Rosengart ruft nach Orgelspiel
Warum das hinreißende Ave Maria von Aemilian Rosengart auch mit dem E-Klavier eingeleitet wurde und nicht mit der Höß-Orgel, die doch der Komponist seinerzeit wohl selbst gespielt hat, verstehe, wer mag. Aber nun kam sie doch zum Klingen als Begleitung von Alexandra Schmid, die mit ihren warmen Tiefen und leuchtenden Höhen dem spätromantischen Ave Maria von Félix Alexandre Guilmant und dem in flehendem Moll von Antonin Dvorak anrührende Gestalt gab.
Mit jubelnden Sopranstimmen sang der Chor ein romantisches Ave Maria von Pater Johann Josef Zwyssig und mit feiner Klavierbegleitung eines von Edward Elgar. Mezzosopran, Klarinette und Klavier vereinigten sich zu berührenden Anrufen der Gottesmutter von Luigi Cherubini und Adolphe Adam.
Klarinette und Klavier musizierten andächtige spätromantische „Ave Maria ohne Worte“ von Gustave Smith (Kanada) und John Lemmoné (Australien). Ebenfalls von dort kommt das Ave Maria von Charles Arthur Jarman, das der Chor eindrucksvoll gestaltete. Noch ein großer Opernchor war zu hören von Pietro Mascagni, und feierlich mit den Männerstimmen beginnend das Ave Maria von Giovanni Battista Cossetti, das ganz romantisch klang, obwohl es an die 100 Jahre später entstand als der „Englische Gruß“ von Johannes Brahms mit seinen so kunstvoll ineinander klingenden Stimmen. Der wurde deutsch gesungen, aber das Ave Maria von Sergei Rachmaninow auf Russisch, sechsstimmig mit der ganzen Pracht orthodoxer Kirchenmusik. Ein jubelndes Sopransolo brachte argentinisches Flair in den fünfstimmigen Chor von Heitor Villa-Lobos.
Maria Bedau hatte ihre Gedanken bei der Betrachtung des Ochsenhauser Hochaltars, vorgetragen von Max Hadwiger, „Und Maria schaut zu“ genannt. Nach dieser Fülle von Musik aus verschiedenen Ländern und Zeiten kann gesagt werden: „Und Maria hört zu“. Als sich in das ganz volkstümliche Ave Maria von Karl May die Kirchenglocken mischten, brauste großer Beifall auf als Dank für ein außergewöhnliches Konzert.
Jutta Ronellenfitsch